Die Insel Flores, die westlichste der Azoren und damit eine der westlichsten Regionen Europas, beeindruckt durch ihre wilde und unberührte Natur. Besonders das Flores-Plateau, eine Hochebene, die sich über weite Teile des Inselinneren erstreckt, ist ein landschaftliches Juwel. Geprägt von Vulkankratern, tiefblauen Seen, moosbewachsenen Hügeln und spektakulären Wasserfällen bietet es eine fast mystische Atmosphäre.
Geographie und Landschaft
Die an sich karge Landschaft des Hochlandes von Flores wird durch die malerischen Kraterseen verschönert. Leider liegt auch im Sommer oft dichter Nebel über dem Hochland, so dass man an einem schönen, nebelfreien Tag alle Pläne aufgeben und sich auf Entdeckungsreise durch das Hochland begeben sollte. Die Hochebene ist von einem kleinen Wegenetz durchzogen, das sich am besten mit einem Mietwagen erkunden lässt. Viele der Wege sind unbefestigt, aber gut befahrbar. Einige wurden in den letzten Jahren asphaltiert und sind heute die malerischsten Strecken auf Flores, sofern nicht gerade Nebel über dem Hochland liegt.
Von Santa Cruz das Flores führt die Straße auf der Westseite zunächst an mehreren Aussichtspunkten vorbei, von denen man das Panorama vom Pico da Se bis hinunter nach Santa Cruz genießen kann. An der Hauptstraße liegt auch der Aussichtspunkt Miradouro dos Arcos Ribeira da Cruz, hoch über dem tief eingeschnittenen und langgezogenen Tal der Ribeira da Cruz. Nachdem man das Gebiet von Castanheiro passiert hat, liegt linker Hand auf einer Hochebene in etwa 500 bis 600 m Höhe die winzige Ermida de Nossa Senhora das Flores. Auf der anderen Straßenseite steht auf einer kleinen Anhöhe unterhalb des Morro dos Frades das Gedenkkreuz Cruzeiro Padre Alfredo.
Westlich von Lajes zweigt ein Weg in die Berge ab, der zu zwei Kraterseen führt. Links sieht man die tief unten liegende Caldeira Funda das Lajes mit der Lagoa Funda das Lajes. Der See ist 22 m tief, hat steile Ufer und wird von einem Wasserfall gespeist. Am Ufer des grün schimmernden Sees befinden sich einige Sandbänke.
Rechts liegt fast eben der 16 m tiefe See Lagoa Rasa der Caldeira Rasa. Im blauen Wasser spiegelt sich die dichte Ufervegetation. Die beiden Seen liegen dicht beieinander und bieten einen spektakulären Kontrast: Während die Lagoa Funda tief und dunkelblau erscheint, ist die Lagoa Rasa heller und flacher. Zahlreiche Seevögel nisten an den Rändern der beiden Kraterseen. Der Weg führt weiter zur Hauptstraße.
Von der Hauptstraße EN2-2a im Hochland führt ein weiterer Stichweg nach Norden zu einem der schönsten Aussichtspunkte. Zuerst sieht man rechter Hand die 17 m tiefe, türkisfarbene Lagoa Comprida in der Caldeira Comprida (langer Kessel). An dem kleinen Aussichtspunkt mit der Informationstafel beginnt auch der Wanderweg entlang der Ostseite des Kraterrandes hinunter zur Faja Grande.
Nach weiteren 250 m folgt an der Wendeplatte die nächste Caldeira Funda mit der 105 m tiefen, blaugrünen Lagoa Funda. Er ist der tiefste See auf Flores und wird in alten Reiseführern wegen seiner dunklen, manchmal fast schwarzen Farbe auch Lagoa Negra genannt. Nur ein schmaler Grat trennt die beiden Seen voneinander.
Kehrt man auf der Hauptstraße nach Osten zurück, zweigt nach einem knappen Kilometer links der Weg zur Lagoa Seca in die Caldeira Seca (Trockenmulde) ab. Der See führt oft nur im Winterhalbjahr Wasser. Im Sommer ist der See ausgetrocknet und verwandelt sich in eine unscheinbare Sumpflandschaft.
Es folgt die Lagoa Branca in der Caldeira Branca (weißer Kessel). Dieser Kessel verdankt seinen Namen seiner geringen Tiefe, denn der See ist nur zwei Meter tief. Dadurch trocknet der See schneller aus und ein heller, durch Algen verursachter Grund schimmert durch. An der Westseite des Sees wurde vor einigen Jahren eine Vogelbeobachtungshütte errichtet. Von hier aus hat man im Spätherbst einen idealen und geschützten Überblick über den gesamten See. Von hier aus führt die Straße weiter an die Nordostküste und mündet an der Abzweigung nach Ponta Ruiva wieder in die Hauptstraße ein.
Der siebte See der Gruppe liegt östlich unterhalb des Pico do Touro: die Lagoa da Lomba. Er ist kreisrund und liegt in der Caldeira da Lomba. Der See ist ziemlich zugewachsen und von einem dichten Hortensienwald umgeben. Am Ufer stehen einige Bäume und Weiden. Der See ist ca. 15 m tief.
Fährt man von hier nach Süden in Richtung Lajes, kommt man an der Abzweigung zur Fazenda das Lajes zunächst an einer alten Dampfwalze vorbei, die zum Bau des Weges verwendet wurde. Einen Kilometer weiter kommt man zu einer Abzweigung. Von hier aus hat man einen schönen Blick auf die Boca da Baleia, die wie der Mund eines Wals aussieht.
Ein weiterer, achter See liegt etwas versteckt unterhalb der Hochebene. Der Lagoa dos Patos liegt etwas nördlich des Wasserfalls der Ribeira Grande und wird von der Ribeira do Ferreiro gespeist.
Vom Hochland nach Westen fließt der Ribeira Grande. Er ist der größte Fluss auf Flores und führt nach einigen Regentagen so viel Wasser, dass er unpassierbar wird. Nur wenige Brücken führen über ihn, und wenn man ihn bei Wanderungen überqueren muss, bekommt man nicht selten nasse Füße. Die alte Steinbrücke auf dem Weg von Fajazinha nach Faja Grande wurde 1964 bei einem Unwetter zerstört.
Ganz in der Nähe der Brücke über den Ribeira Grande kann man noch heute einen Müller besuchen, der eine der letzten aktiven Wassermühlen betreibt.
Um die Seenlandschaft zu erkunden, sollte man manchmal die Wanderstiefel gegen wasserdichte Gummistiefel tauschen. Die Kraterseen sind oft mit dichtem Moos bewachsen, in dem man schnell versinkt. Aus der Ferne sehen sie wegen ihrer gelblich-weißen Farbe wie Schwefelablagerungen aus. Im Winter schimmern sie in der tiefstehenden Sonne tiefgrün.
Der höchste Punkt ist der 914 m hohe Morro Alto, auf dem seit 1986 die Funkantennen stehen. Von hier oben überblickt man die zerklüftete Landschaft mit ihren Seen und ausgewaschenen Flusstälern. Die für kleine Mietwagen recht beschwerliche Schlaglochpiste hinauf zum Gipfel lohnt sich aber nicht unbedingt, denn die Aussicht ist weniger spektakulär, als man vielleicht zunächst erwartet.
Oberhalb von Fajazinha liegt direkt an der Hauptstraße der Aussichtspunkt Miradouro do Craveiro Lopes. Von hier aus überblickt man den ganzen weiten Krater auf der Westseite mit den roten Dächern der Häuser von Fajazinha, dem satten Grün der Landschaft, den Wasserfällen und dem tiefen Blau des Ozeans. Es ist sicherlich der spektakulärste Blick in den tiefen Krater und vor allem abends bei Sonnenuntergang ein Erlebnis der besonderen Art.
Flora und Fauna
Das Hochland von Flores ist ein Paradies für Naturliebhaber. Hier gedeihen zahlreiche endemische Pflanzenarten, die sich an die feuchten und oft nebligen Bedingungen angepasst haben. Besonders auffällig sind die riesigen Farne, Moosteppiche und dichten Lorbeerwälder, die eine urzeitliche Atmosphäre schaffen. Im gesamten Hochland gibt es zahlreiche endemische Pflanzen. In dieser einsamen und menschenleeren Region brüten auch viele Vögel. In jedem Fall ein unvergessliches Naturerlebnis.
Auch die Tierwelt ist vielfältig: Verschiedene Vogelarten, darunter der Azorengimpel und der Sturmtaucher, sind hier heimisch. In den zahlreichen Feuchtgebieten des Hochlandes leben viele Amphibien. Zahlreiche Quellen speisen die Hochlandseen mit reichlich Frischwasser. Niederschläge machen nur einen geringen Anteil aus. Die Seen sind nicht nur ein wertvoller Wasserspeicher für die Natur, sondern auch Lebensraum für unzählige Fische, die hier ideale Bedingungen vorfinden. Wer angeln möchte, benötigt allerdings eine offizielle Genehmigung des Servico Florestal in Santa Cruz.
Wandern und Erkundung
Das Hochland von Flores lädt zu ausgedehnten Wanderungen ein. Gut ausgeschilderte Wanderwege führen durch die abwechslungsreiche Landschaft und bieten spektakuläre Ausblicke über die Insel und den Atlantik. Besonders beliebt sind die Routen rund um die Kraterseen sowie Wanderungen zu den zahlreichen Wasserfällen.
Ein weiteres Highlight ist die Route, die vom Hochplateau hinunter zur Küste führt. Diese Wanderwege bieten eine einzigartige Kombination aus Hochland- und Meereslandschaft und zeigen die enorme geologische Vielfalt der Insel.
Fazit
Das Hochland der Azoreninsel Flores ist eine der spektakulärsten und unberührtesten Naturlandschaften Europas. Die Mischung aus vulkanischen Seen, dichten Wäldern, tosenden Wasserfällen und einer reichen Flora und Fauna macht diese Region zu einem idealen Ziel für Naturliebhaber, Wanderer und Abenteurer. Wer die ungezähmte Schönheit der Azoren erleben möchte, findet hier eine beeindruckende Kulisse abseits des Massentourismus.